Seit 18. August in Berlin beschreibe ich nun auch hier meine Eindrücke und Erlebnisse, die mir die Reichshauptstadt offeriert...

Wednesday, January 11, 2006

Paraguay


Ich bin heute wesentlich lockerer drauf als am Vortag. Ich war heute mit Sunna (oh, wie wundersam, dass ich mal was mit Sunna unternehme) von 10 Uhr morgens bis 20 Uhr Abends im Zentrum und wir haben geshoppt, gefuttert, geschaut und gelacht. Eigentlich wollten wir ja schon gegen 14 Uhr zu Hause sein, so hatten wir es uns wenigstens vorgenommen, weil ich um diese Zeit einen Anruf bekommen hätte, doch hat sich das Ganze verschoben und wir hatten somit alle Zeit der Welt und haben uns von nichts und niemandem hetzen lassen. Okay… was haben wir gekauft? Klamotten (na klar!!!), ein Parfüm für Sunna (Cindy Crawford), waren Essen, haben uns schön machen lassen beim Friseur (Bilder kommen bald =) ) und waren dann noch mal Essen (vor dem Friseur) und sind geschlendert und haben uns über blöde Glotzer aufgeregt (das können wir nämlich besonders gut! =) ).
Ihr müsst nämlich wissen, dass wir ja nun nicht ganz so aussehen wie die Menschen hier und dass es wohl in der Muttermilch liegen muss, dass die Menschen hier einen dann anSTARREN und auch nicht davon ablassen, sogar wenn man nur einen halben Meter von ihnen entfernt steht. Wenn ich mit Sunna unterwegs bin, was ja ziemlich häufig vorkommt, dann ist es meistens so, dass sie die volle Aufmerksamkeit der Menschen bekommt. Wir regen uns dann immer schön auf Englisch auf, was ja hier kaum jemand versteht. Es ist aber schon manchmal wirklich belastend diese Glotzerei, doch scheint es als selbstverständlich angesehen zu werden. Was hier auch normal ist, ist dass fast jeder Mann neben seiner legalen Freundin oder Frau (!) noch eine oder mehrere andere Frauen als bloße Bettgeschichten hat. Sunna meinte letztens zu mir: Ich denke, dass mein Vater hier mit einer anderen Frau schläft. (sie hat es natürlich nicht so harmlos ausgedrückt versteht sich…) Es scheint den Frauen auch nichts auszumachen. Viele von ihnen wissen das sogar und spielen dann eben die „nette Ehefrau oder Freundin“… Wie ekelhaft ist das denn?! Aber dennoch spielt Eifersucht hier eine große Rolle bei den Menschen. Ich selbst musste schon Eifersüchteleien unter Freunden hier feststellen. Das war damals in der Schule so gegen Ende des Schuljahres und ich bin mit zwei Mädels aus meiner Klasse (Gabriela und Giselle) ziemlich dicke und es gab da einen Freund von Gabriela, der auf MICH eifersüchtig war, weil ich mit ihr gesprochen habe. (Weswegen sonst?!)… Auch sollte man sich nicht mit Mädels treffen, die einen Freund haben, denn dann trifft man auf Antipathie gegenüber dem Freund, was auch nicht unbedingt so klasse ist. Doch ist das mit den „Beziehungen“ hier auch sone Sache.
Beispiel: eine Klassenkameradin verguckte sich in einen zwei Jahre jüngeren Schüler der Schule (was hier in Paraguay eigentlich ziemlich selten ist und für viel dummer Geschwätz sorgt) und schwärmte die ganze Zeit vor sich hin und bla bla bla… Sie trafen sich dann in der Schule mal in den Pausen, bemerkten, dass sie einander nett finden und schwupps! Warn se zusammen. Tja, so schnell geht das. Ich fragte sie dann, ob sie ihn nicht erst einmal kennen lernen sollte und sich mal mit ihm treffen sollte am Nachmittag, mal so außerhalb von der Schule. Aber da war es ja schon zu spät. Da waren sie schon zusammen. Sie sprach dann von der ersten großen Liebe, jedoch sagte sie dann, dass sie ihn lediglich nur mag und es keine Liebe ist. Allerdings weiß sie auch denke ich nicht, was Liebe ist. Die Leute hier mögen zwar viel älter aussehen, als sie seien, so sind sie aber doch in den meisten Fällen für ihr Alter (meines Erachtens nach) noch ziemlich unreif, was keinesfalls als negativ oder positiv von mir gewertet wird. Es ist eine Feststellung, die ich hier gemacht habe. Des Weiteren unterscheidet sich die Handhabung einer Beziehung (als im Basisaufbau verglichen mit mir bekannten Beziehungen und aus eigener Erfahrung) schon gewaltig.
Es gibt zum Beispiel in der Woche bestimmte Tage, an denen sich die Partner sehen. Nicht jeden Tag. Keine Ahnung, wie das genau funktioniert.
Der Freund muss natürlich in der Öffentlichkeit cool sein und überhaupt nicht so, wie er sich der Freundin gibt, um sie vielleicht um den Finger zu wickeln. Vielleicht auch ganz gut so. Erspart mir wohl so manchen Würgereiz.
Es wird sich in der Öffentlichkeit nicht geküsst. (außer vielleicht einen MINIkuss auf die Wange oder mal den Mund und so was wie Zungenküsse sieht man hier so gut wie nie.
Paare laufen in der Öffentlichkeit nicht Hand in Hand. Auch ist es meist üblich, dass man erst gar nicht mit dem Partner ausgeht, sonders das geschieht meist getrennt nach Geschlechtern.
Ja… dann die Sexsache. Dieser finden hier so gut wie grundsätzlich NICHT im Haus statt, sondern dafür besucht man Hotels oder Motels, in denen man sich dann vergnügt oder vielleicht auch übernachtet. Ich stelle mir das ganze eher sehr umständlich vor und ziemlich stressig. Manchmal hat man gar nicht so viel Zeit und vielleicht auch gar nicht das Geld dafür, sich irgendwo ein Zimmer zu suchen. Aber na ja… wenn's Spaß macht. (Natürlich ist hierbei von den jüngeren Semestern die Rede. So zwischen 16 bis 25 Jahren.)
Für die Frauen ist es wichtig, dass der Mann ein gutes, dickes Auto hat, das möglichst teuer war und laute Musik hervorbringen kann. (Natürlich ist das SEEEEEHR wichtig!!! =/ )
Die Typen können noch so potthässlich sein, wie sie wollen. Sie haben meistens die schönsten Freundinnen, nämlich dann, wenn ein schönes Auto in der Garage steht. Trauriger Gedanke.
Auch ist es dann wiederum ziemlich komisch anzusehen, wenn dann genau diese Prollmenschen durch die Gegend fahren mit ihren fetten Schlitten und vielleicht auf heiße Frutten hinfahren, dass sie, wenn sie an einer Kirche vorbeifahren, langsam werden und dann ein Kreuz machen mit den Händen. Die Religion hat schon manch starken Einfluss hier.
Wenn ein Paar dann ein Kind hat und es möglicherweise miteinander nicht mehr klappen sollte, dann bleibt man hier zusammen, weil man ja ein Kind hat. Das wird gar nicht unter Frage gestellt.
Sehr traurig finde ich auch schon, dass man hier mit 27 und älter immer noch bei seinen Eltern wohnt, doch das liegt einfach mal an der grundsätzlich anderen Familienstruktur und –Tradition zusammen. Es wird sogar bevorzugt, dass die Söhne so lange es geht im Elternhaus bleiben und nach Möglichkeit sogar mit der Frau einziehen und dort ein Kind bekommen und alle dann zusammen wohnen. Viel Unabhängigkeit wird ja hier nicht verlangt. Vor allem nicht von den Söhnen. Die DÜRFEN quasi in der Küche nichts anfassen. Es gibt Haushälterinnen, die die Wäsche machen, die sauber machen, die kochen, die den Müll wegräumen (man muss nicht einmal die schmutzige Wäsche irgendwo hintragen. Die wird meistens im Zimmer auf dem Boden gelassen oder im Badzimmer. Wer hier keine Hausangestellten (oder zumindest einen) hat, der ist alles andere als durchschnittlich. Man bezahlt für einen Angestellten im Monat, wenn er ungefähr 5 Tage die Woche im Haus ist umgerechnet 70 Euro. Für den Garten wird dann auch jemand bestellt, der kommt und alles schick macht und da wundert es einen nicht, dass es so ist, denn es wird den Kindern ja nie etwas abverlangt. Doch denke ich mir, wenn ich dabei auch an mich denke, dass es für einen in Lateinamerika aufgewachsenen Jungen, der einen interkulturellen Austausch nach Zentraleuropa geht, schon wesentlich schwieriger ist, sich an das andere System zu gewöhnen und sich darin einzufügen. Es muss auch schrecklich für sie aussehen, wenn sie die eine europäische Mutter arbeiten (was hier auch nicht immer sein muss, denn sie in der Rolle der Erzieherin), kochen, putzen, Wäsche machen und was weiß ich nicht noch alles und dann noch die Kinder groß ziehen sähen, dann wäre das schon ziemlich anders für sie. Auch wenn man sie bitten würde mal den Tisch abzuräumen oder so was. Es ist eben alles ein wenig anders. Man kann aber schwer sagen, was besser ist und was schlechter, doch ist meine Meinung dazu, dass das unsrige System in Europa (oder in Deutschland) dieses Familienschema, diese Hierarchie, schon ziemlich abgestoßen hat, was ich als fortschrittlich empfinde. (Grade bezüglich dieses Abschnittes bin ich auf interessante Kommentare gespannt)
Ja… mit der Suche nach einer neuen Familie haben wir noch nicht begonnen, weil ich heute noch nicht bei Zoila war. Morgen fahre ich noch mal ins Zentrum, fahre zu Sunna, denn die hat grade auch ein paar Probleme, und bekomme noch einen Anruf und begebe mich danach zum Haus von Zoila und werde ihr dann meine Entscheidung mitteilen. Ich halte euch bezüglich dieses Themas auf dem Laufenden. Ich hoffe, dass ich nach dem Familienwechsel, der hoffentlich bald stattfinden wird, immer noch Zugriff auf das Internet habe, damit ich euch schön weiter schreiben kann. Ansonsten begebe ich mich in irgendein Internetcafé, das klappt schon.
Ein Freund von mir aus dem Demminer Gymnasium hat mir einen Kommentar zu meinem ersten Eintrag geschrieben. Er ist parallel zu mir ein Jahr (ich denke mit der Organisation EF) in die USA geflogen (Nebraska) und er sagte, dass er leider selbst nicht die Zeit findet seine ganzen Erlebnisse, die er macht und gemacht hat, niederzuschreiben. Ich würde auch gern von jemand anderem, der aus Deutschland ist und in Lateinamerika ist, einen solchen Blog lesen, denn ich denke, dass einem einige Sachen doch schon bekannt vorkommen dürften.
Ende Januar (vom 27. bis 29.) haben wir unser Zwischenstopcamp in der Stadt Caazapa (falls jemand mal im Atlas oder auf einer Encarta nachsehen möchte, wo ich mich in dieser Zeit befinde =) ) und ich freue mich ehrlich gesagt schon ziemlich drauf. Man sieht alle anderen wieder. Man sieht wer nach Hause geschickt wurde. Ich weiß, dass allein aus Deutschland schon 2 nach Hause gegangen sind. Ein Mädel ist nach weniger als einem Monat zurückgegangen, weil sie Probleme mit der Familie in Deutschland hatte, was aber schon vorher war und sie sich dann erst hier bewusst wurde, als sie von der Familie weg war. Dann ist da noch ein Typ, der aufgrund von Rauchen von Gras nach Hause geschickt wurde (ich meine wie DÄMLICH kann man sein?!) und hier in Ciudad del Este (ich werde in Zukunft nur noch CDE schreiben) ist eine Österreicherin, neben der kleinen Französin die jüngste im ganzen Programm, die sich jetzt auf den Weg nach Hause machen darf. Also: Bei AFS gibt es drei grundlegende Regeln.
1. Kein Alkohol.
2. Keine Drogen.
3. Niemanden schwängern oder schwanger werden (auch 2- Füße- pro- Bett- Gebot genannt=) )
Man hat 2 Chancen. Beim ersten Mal gibt’s eine Verwarnung und beim zweiten Mal steht dann die verfrühte Abreise ins Heimatland an.
Na ja und sie war in dem 3 Monat oder so auf einer Party und hat sich ordentlich die Kante gegeben, war dann vollkommen besoffen nach Hause gekommen (sorry wegen meines Ausdrucks, aber ich sage es so krass, weil es einfach so war!) und hat sich ins Bad gegeben, natürlich gekotzt und sich dann in ihrer Kotze rumgewälzt. Da hat sie dann die erste Verwarnung bekommen. Nun war sie, wie fast jeder hier, in Camboriú, Brasilien, und hat sich dann da auch ordentlich zugeschüttet und sich auch mit ein paar Jungs begnügt und man hat ihr das wohl nachweisen können und für sie ruft jetzt nur eins: Österreich.
Worüber ich schon mal nachgedacht habe ist, dass es sicherlich eine Reihe von Schülern gibt, die mit mir zusammen dieses Jahr machen und überhaupt so ein Jahr machen, nicht weil sie es wollen, sondern möglicherweise die Eltern es so wollen. Wenn ich mir manche Leute aus den Staaten mal anschaue, die jetzt hier in Paraguay irgendwo rumschwirren, dann denke ich schon, dass manche davon echt einen an der Klatsche haben müssen und die sicherlich nicht freiwillig dieses Jahr machen, und bei denen man dann ebenso wenig weiß, wo sie seien, wenn sie nicht dieses Jahr machten. Bei manchen ist es sicherlich so ein „Komm- zu- dir- Jahr“ und vielleicht auch ganz gut so, dass sie das machen. Es gab beispielsweise ein Mädel aus den Staaten, die dann meinte, allen Leuten ihr wohl hässliches Sonnentattoo (mir blieb dieser Anblick glücklicherweise erspart!!!) auf ihrem ARSCH zu zeigen. Dazu zog sie dann vollkommen unbewegt die Hose runter und ihr Arsch soll noch nicht mal schön sein. Na ja… Soll sie machen. Wer weiß, was sie sich in der Zwischenzeit alles machen lassen hat was sie vorsieht den Leuten zu demonstrieren. Danke, kein Bedürfnis!
Ja, mit meinem neuen Haarschnitt fühle ich mich jetzt auch wohl (na ja, endlich habe ich wieder mal einen Haarschnitt, denn ich habe sie schon eine ganze Zeit einfach wachsen lassen…) und es ist echt ein riesen Berg Haare runter gekommen. Leider wisst ihr nicht, wie dick meine Haare wirklich sind und wie lang sie waren, aber dafür, dass da sooo viel runter gekommen ist sind sie immer noch dick genug um das Schwitzen hier zu steigern.
Ich dachte als ich diese ganzen Haare fallen sah ob da dann am Ende überhaupt noch was übrig bleibt, aber keine Angst! Ich bin nicht verstümmelt worden. Es war ja auch immerhin ein Mann am Werk! (Sorry Girls, aber die besten Friseure sind einfach Männer! Akzeptiert das langsam mal! =) )
Sunna wurde letztens gefragt, ob sie in der Zeit hier abgenommen hat... Sie sehe wohl dünner aus als vorher. Es gibt auch noch solch kleinen Regeln bei AFS, die nirgends nieder geschrieben sind. Man sagt, dass ein AFS- Schüler in diesem Jahr 3- 30 kg zunimmt. Ich habe schon 3 kg mehr, aber das waren sicherlich nur die Haare =)
Nein… ich habe hier ein äußerst nettes Mädchen kennen gelernt aus Bremen, die aber mit der Organisation „Rotary“ in Paraguay ist und diese hat in den ersten 3 Monaten 10 kg zugenommen. Sie sieht keinesfalls schlecht aus damit, doch ist es schon ein wenig viel für so kurze Zeit, oder?!
Na ja… wie ihr seht sprudele ich nur so vor Dingen, die ich euch erzählen bzw. besser ja niederschreiben kann, doch höre ich für heute erstmal auf, denn ich bin schon ziemlich lange wach und hatte nen langen Tag und der morgige wird auch nicht viel weniger anstrengend…
Außerdem ist es ja auch ziemlich anstrengend den ganzen Tag gut auszusehen =) hahaha!!! =)

Es tut mir natürlich Leid für euch, dass ich euch mit so viel Lesestoff beschere und ihr so viel lesen müsst!!! =)

Macht’s gut!

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